Samstag, 5. Oktober 2019

Bis zur Neige, Claus-Ulrich Bielefeld, Petra Hartlieb


Der zweite Krimiband aus der Reihe „Ein Fall für Berlin und Wien“ spielt im Weinmilieu. Er beginnt auch passenderweise im Weinviertel, einer Region in Niederösterreich, wo ein Edel-Winzer tot aufgefunden wird. Zunächst ist nicht klar, ob er eines natürlichen Todes gestorben ist. Schon bald gibt es einen zweiten Toten, einen Berliner Szenelokalbetreiber, der von dem verstorbenen Winzer regelmäßig Wein bezogen hat. Ein Zufall?

Das sind natürlich Fälle, in denen die Chefinspektorin der Wiener Mordkommission Anna Habel und ihr Berliner Kollege, Hauptkommissar Thomas Bernhardt zusammenarbeiten sollten! Dies beginnt eher inoffiziell. Die beiden kennen sich von einem früheren Fall. Und so ein bisschen knistert es seitdem zwischen ihnen. Da ruft man sich ohnehin gern mal an zwecks Gedankenaustauschs.

Die Ermittlungen gehen schleppend voran, nicht nur wegen der mörderischen Sommerhitze in Berlin und Wien. Eifersüchtige Geliebte tauchen auf, eine ungeklärte Vergangenheit und eine tote Katze, viele Fährten also, von denen so manche ins Leere führt. Als dann noch der Staatsschutz auf den Plan tritt, wird klar, dass nicht jede Information innerhalb des Polizeiapparats weitergegeben wird.

Nachdem mir der erste Teil der Reihe („Auf der Strecke“) recht gut gefallen hatte, war ich von diesem Band enttäuscht. Er ist viel zu lang und langatmig ausgefallen. Vor allem die ersten über 100 Seiten plätschern vor sich hin, ohne dass es eine nennenswerte Handlung gibt. Das bessert sich erst im letzten Drittel des Romans. Einige halbherzige Amouren werden eingestreut, hier eine nette Kollegin, dort ein interessierter Pathologe, die alle ins Nichts führen und auch zur Veranschaulichung der Hauptcharaktere nichts Entscheidendes beitragen. Sämtliche Personen sind mir etwas zu klischeehaft geraten. Da wird von den Ermittlern ständig darüber geredet, ob ein Giftmord nicht notwendigerweise ein „Frauenmord“ sein muss und dass Frauen keinen mit der Knarre exekutieren. Die Frauengestalten, die keine Polizistinnen sind, werden als hysterische, oberflächliche Kreischweiber dargestellt, die sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Die Befragung der Zeugen und Verdächtigen ist mir viel zu plump. Da springen die Kommissare jedem x-Beliebigen mit Details der Ermittlungen ins Gesicht, die sie nicht offenbaren dürften und wundern sich dann, wenn sie mit der Befragung nicht weit kommen.

„Aber Sie machen sich doch verdächtig, wenn Sie uns nicht alles erzählen.“
„Wie oft soll ich es noch sagen? Ich hab nix von seinem Tod. Außer eine völlig ungesicherte Zukunft.“
„Die hätten Sie auch, wenn Herr Bachmüller Sie verlassen hätte.“
„Hätte er aber nicht.“
„Und da sind Sie sich ganz sicher?“
„Ganz sicher. Dieses Flittchen hat ihn ja eh schon völlig genervt. Ich war seine Lebenspartnerin, seine Seelenverwandte, nur bei mir konnte er richtig zu Hause sein.“ (S. 286)

Der Plot an sich hätte Potenzial gehabt, insbesondere die Rolle des Staatsschutzes mit seiner knappen Informationspolitik. Leider ist die Umsetzung nicht gelungen, so dass ein bisschen Spannung erst gegen Ende des Romans einsetzt, nachdem der Leser bereits 300 Seiten lang Gelegenheit hatte, das Buch wegen Langeweile abzubrechen. Sehr schade, zumal der dritte Band („Nach dem Applaus“) wieder deutlich besser gelungen ist. 

Ein Krimi-Flop ohne Spannung. Lieber den Abend mit einem Glas Wein und einem anderen Buch verbringen.

Bis zur Neige, Claus-Ulrich Bielefeld, Petra Hartlieb, Diogenes Verlag, Zürich 2014, 480 Seiten, 12,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung gestellte Exemplar.)

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