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Donnerstag, 7. Dezember 2023

Klöpplerin Loni, Tončka Stanonik

Slowenien war Gastland auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Dort habe ich zauberhafte Kinderbücher entdeckt, unter anderem dieses besondere Bilderbuch. Erzählt wird ein Märchen über das Mädchen Loni, das eine ganz besondere Arbeit tut. Sie ist Klöpplerin, das heißt sie stellt Spitzen her aus einzelnen Fäden, die in Handarbeit kunstvoll miteinander verwoben werden. Die Kunst des Klöppelns hat in Slowenien eine jahrhundertealte Tradition, auf die mit diesem Buch aufmerksam gemacht wird. Im Anhang finden sich erklärende Worte dazu.

Ganz besonders an diesem Buch sind die Bildseiten. Es gibt farbige Illustrationen, die jedoch oft besonders aufgewertet werden durch eine geklöppelte Figur oder gestickte Elemente, so dass der erzählte Text gleich nachvollziehbar wird. Man sieht, was man aus Spitze alles herstellen kann und wie vielfältig die Formen sind. Die auf das Bild gelegten und dann fotografierten Elemente wirken so plastisch, als könnte man sie fühlen.

In der Geschichte wird beschrieben, dass Loni von ihrer Familie das Klöppeln erlernt, womit alle Familienmitglieder Geld verdienen. Loni bleibt als letzte übrig und führt das Handwerk weiter. Sie verkauft die Spitzen an einen Händler, der sie wiederum weiterverkauft, z.B. zur Veredelung von Kleidungsstücken. Die aufwändige Handarbeit tun einfache Menschen wie Loni, der Gewinn jedoch bleibt größtenteils bei den Händlern.

„Sie drehte und kreuzte die Klöppelpaare und folgte sorgfältig dem Muster auf dem Klöppelbrief, der mit Stecknadeln auf dem Klöppelkissen befestigt war. Sie zog die Fäden fest und verband sie mit der Häkelnadel.“ (S. 9)

Mir gefällt die liebevolle Art, wie hier auf ein traditionsreiches Handwerk aufmerksam gemacht wird. Die Spitzen auf den Bildern sind richtige Kunstwerke! Die kurze Geschichte ist für Kinder ab 3 Jahren sehr empfehlenswert.

Klöpplerin Loni, Tončka Stanonik, Illustrationen von Dunja Kofler, aus dem Slowenischen übersetzt von Katarina Angerer und Hanzi Filipič, Hermagoras Verlag, Klagenfurt, 2022, 32 Seiten, 21,90 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.)

Montag, 25. September 2023

Grimm und Möhrchen – Ein Möhrchen im Gemüsebett, Stephanie Schneider

Ein Bilderbuch von Grimm und Möhrchen! Drei Geschichtenbände von dem kleinen Zesel Möhrchen und Buchhändler Grimm gibt es schon, nun kommt ein großformatiges Bilderbuch dazu, und zwar mit einer Einschlafgeschichte.

Nach einem schönen Tag im Garten können Grimm und Möhrchen nicht einschlafen. Dabei ist das Kofferbett des Zesels doch so gemütlich! Kein Wunder, sie haben die Gute Nacht-Geschichte vergessen! Grimm liest „Die Prinzessin auf der Erbse“ vor. Möhrchen ist begeistert: ein Märchen mit Gemüse! Das will er gleich selber ausprobieren und lässt Grimm alle weichen Dinge anschleppen, damit sie auch so Gemüsebett haben können.

Wie gewohnt erzählt Stephanie Schneider die Geschichte mit lustigen Wortkreationen oder Verdrehungen, was nicht nur Kinder zum Schmunzeln bringt.

„Lass uns die Erbsen ernten.“

„Au ja! Lass uns die Ernten erbsen“, ruft der kleine Zesel und macht einen geringelten Hopser, denn Möhrchen liebt Gemüse. (S. 2)

Vorn und hinten im Einband gibt es ein lustiges Kuschellied zum Mitsingen („Du bist hier neben mir. Ich bin heut ein Kuscheltier.“)

Das Bilderbuch ist schon für jüngere Kinder geeignet als die längeren Geschichtenbände, die Geschichte ist weniger komplex. Ich würde sie ab drei Jahren empfehlen. Die Illustrationen gefallen mir besonders gut, weil sie oft die ganze Seite einnehmen und auch der Hintergrund der Schrift voll eingefärbt ist.

Das Bilderbuch ist ein Farbgenuss! Die Einschlafgeschichte lädt zum Kuscheln ein, und sicher auch zum späteren Lesen des genannten Märchens. Unschlagbar süß ist wie immer Möhrchen, der kleine geringelte Zesel.

 

Grimm und Möhrchen – Ein Möhrchen im Gemüsebett, Stephanie Schneider, Illustrationen von Stefanie Scharnberg, dtv Verlag, München, 2023, 32 Seiten, 15,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.)

Donnerstag, 7. April 2022

Emmas Einhorn, Briony May Smith (Gastrezension von Claudia Gerhardt)

Ah, ein Einhorn-Buch, das könnte ja was für meine Kleine sein, dachte ich, als ich auf dieses Bilderbuch stieß. Der Anblick des Covers ließ mich innehalten. Sieht schottisch aus, mystisch und ein wenig verwunschen… „Das ist auch für mich!“, war mein zweiter Gedanke. Das Einhorn hier sah nicht nach rosa Zuckerwatte aus, sondern nach verletzlich-wildem Fabeltier. Und das Buch zog mich in seinen Bann – was es immer noch tut, obwohl wir es inzwischen zigmal gelesen haben

„Emmas Einhorn“ zeigt die Heldin der Geschichte mit Wind im Haar und flatterndem Karo-Rock nebst zartem Begleiter mit ellenlangem Federbuschel-Schweif –  ein wenig wie in „Das letzte Einhorn“ –  an einem Ginster-bewachsenen Zaun, frohgemut in die Ferne schauend. Das Cover erfasst das Thema des Buches gut. Die Geschichte rankt sich – so alltäglich sie scheint – um eine zentrale Erfahrung im Leben kleiner (aber auch großer) Menschen. Was tun, wenn man die bisher bekannte Welt hinter sich lassen muss? Wenn eine Veränderung, eine neue Ferne uns buchstäblich zu neuen Ufern führt? Wir begleiten Emma bei ihrem Umzug in ein neues Haus, in dem sie zu Beginn ebenso wie in der Heidelandschaft etwas verloren wirkt. Emma ist als Ich-Erzählerin so nahbar und echt entwickelt, dass meine Tochter sie sofort als Alter Ego liebte. Beide sind etwa 5 Jahre alt.

Bei ihren ersten Erkundungen findet Emma ein kleines, verloren gegangenes Einhorn-Baby, dessen sie sich annimmt und das sie gemeinsam mit ihrer Oma umsorgt – die sich aus ihrer eigenen Kindheit gut mit Einhörnern auskennt. Und so erleben wir, wie Emma das Einhorn mit Blumen versorgt (denn nur diese frisst es), wie sie die Umzugskartons durchwühlt, um ein gemütliches zu Hause zu schaffen, wie sie ihm Trost spendet und dabei selbst Trost findet. Das Wunder geschieht hier nicht über die Zauberkraft des Einhorns, sondern durch Emmas Liebe und Fürsorglichkeit. Wir begleiten die beiden durch den Wechsel der Jahreszeiten, beim Erkunden des Sternenhimmels, der Natur, des Meeres. Ob am Kamin, beim Plätzchen Backen und Weihnachtsbaum schmücken – die beiden eignen sich das neue Zuhause an, sie machen sich mit diesem und miteinander vertraut. Und gleichzeitig lernen beide, dass es auch eine Zeit gibt, wieder loszulassen:

„Wir liebten es, die Wellen am Strand zu jagen. Der weiße Schaum sah aus wie Einhörner, die heranrauschten, um gleich wieder am Strand zu verschwinden.“

Dass dieses Abschiednehmen und Loslassen gelingen kann, zeigt diese zarte Geschichte um die Kraft der Freundschaft und des sich Neu-Gewöhnens auf das Schönste. Als die Familie des kleinen Einhorns im Frühling zurückkehrt, ist es Zeit, sich zu verabschieden. Und Emma und dem kleinen Einhorn gelingt dies gerade durch ihre Verbundenheit. Sie sind gemeinsam gewachsen, um dann – zur rechten Zeit – jede auf ihrem eigenen Weg weitergehen zu können.

Die kleine Parabel verwebt die zeitlose Sprache und Thematik mit traumhaft-schönen entrückten Zeichnungen einer stilisierten irisch-schottischen Landschaft, die uns in gedeckten Farben entgegentritt und mich mit ihrer wilden Schönheit stets aufs Neue begeistert, im Buch wie in Realität. Die Highlands mit ihrer rauen Natur werden mit Heidekraut, Ginster, Fels und Hügel anrührend schön im Zeitverlauf eingefangen. Emma, ein ganz normales liebenswertes Mädchen, passt sich mit Norweger-Pulli, Strickjäckchen oder handfestem Anorak dort gut ein. Eine Welt, von der nicht nur kleine, sondern auch große Leserinnen und Leser und Menschen, die keine Einhörner mögen, berührt sein werden.

Meine Tochter fragte mich am Schluss des Buches: „Ist das Einhorn denn wirklich da oder nur in Emmas Kopf?“ Tja. Für Emma ist es wirklich da. Das ist, was zählt.

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Emmas Einhorn, Briony May Smith (Text und Illustrationen), aus dem Englischen übersetzt von Steffi Kress, Esslinger Verlag, Stuttgart 2021, 48 Seiten, 15,00 EUR

(Die Rechte am Coverbild liegen beim Verlag.)

Die Buch-Lady dankt Claudia Gerhardt herzlich für ihre Gastrezension!

Mittwoch, 12. Januar 2022

Die Sonnenwächterin, Maja Lunde

Die Norwegerin Maja Lunde ist vielen als Autorin von Erwachsenenbüchern bekannt, sie schreibt aber auch wundervoll für Kinder. Derzeit erscheint nach und nach ein Jahreszeitenquartett von Bilderbüchern. Bereits 2018 ist der Winterband „Die Schneeschwester“ erschienen. Nun liegt der zweite Band vor, „Die Sonnenwächterin – Eine Frühlingsgeschichte“.

Wie schon der erste Band ist auch dieser großformatig, quadratisch und wunderschön ausgestattet. Er lebt neben der tiefsinnigen Geschichte von den wundervollen Illustrationen der norwegischen Künstlerin Lisa Aisato. Selten habe ich so ausdrucksstarke Bilder gesehen!

Die Geschichte, die das Mädchen Lilja uns erzählt, beginnt sehr trist. Lilja lebt in einer Welt ohne Sonnenschein. Die Tage sind düster und grau, ständig regnet es. Es gibt keine wechselnden Jahreszeiten, keinen Frühling. Aber nicht nur der Himmel ist grau. Auch die Menschen verkümmern unter diesen Umständen und werden fahl im Gesicht. Ebenso geht es den Pflanzen, die ohne Licht nicht wachsen können. Die Menschen hungern. Maja Lunde bringt also auch in ihrem Kinderbuch den Aspekt Umweltzerstörung ein, der eine so große Rolle in ihrem Klimaquartett für Erwachsene spielt, Kindern aber mindestens genauso wichtig sein dürfte.

Lilja lebt nur mit ihrem Großvater zusammen. Dieser liebt seine Enkelin sehr. Aber auf der kleinen Familie liegt eine große Traurigkeit, weil andere geliebte Menschen fehlen, die Eltern und Liljas kleiner Bruder. Lilja ist neugierig und will ihre Lebensumstände nicht einfach hinnehmen. Sie macht sich mutig auf die Suche nach einem Geheimnis. Denn irgendwoher kommen pflanzliche Lebensmittel in ihr Dorf. Wie ist das möglich? Sie entdeckt, dass es eine geheimnisvolle, etwas unheimliche Sonnenwächterin geben muss.

„Die Wärme umschloss meinen Körper, und es fühlte sich plötzlich an, als würde ich um mehrere Zentimeter wachsen. Das Gleiche geschah anscheinend auch mit den Pflanzen. Sobald das Licht auf sie fiel, passierten die unglaublichsten Dinge. Blütenknospen öffneten sich, an einem Busch sah ich Tomaten erröten, die Blaubeeren auf dem hügeligen Boden nahmen eine noch dunklere Färbung an, und die Apfelsinen an einem der Äste wurden intensiver orange.“ (S. 58)

Ab diesem Zeitpunkt explodieren plötzlich die Farben in diesem Buch! Licht und Blüten durchfluten die Seiten und die Geschichte! Das Leben kehrt zurück in die Gesichter. Ist nun alles gut? Nein, da sind wir erst bei der Hälfte des Buches. Sonne ist kein Allheilmittel. Auch davon kann es zu viel geben. Liljas Freundschaft mit Menschen und Tieren bringt sie dem Geheimnis des Frühlings näher, welches die Natur im Gleichgewicht hält.

Das Buch ist ein Erlebnis für alle Sinne. Der einfühlsame Text lässt uns den kalten Regen spüren, der uns den Rücken herunterläuft, den Geschmack einer frischen Karotte auf der Zunge schmecken und Vogelgezwitscher hören. Die Bilder zaubern ein frohes Strahlen auf unser Gesicht, wenn sich ein Kind freut und lassen uns die Stirn in Falten legen wie Liljas Großvater, wenn er sich Sorgen macht. Durch die ganze Palette möglicher Gefühle nimmt die Geschichte uns mit und erzählt davon, was wir brauchen, um gut zu leben.

Eine Leseerlebnis für alle Sinne und Menschen jeden Alters! Die intensiven Gefühle fahren Achterbahn durch Regen und Dürre bis hin zum Neubeginn des Lebens im Frühling, den wir alle jeden Winter so herbeisehnen.

Die Sonnenwächterin, Maja Lunde, aus dem Norwegischen übersetzt von Ina Kronenberger, mit Illustrationen von Lisa Aisato, btb Verlag, München 2021, 202 Seiten, 15,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.)

Alles überstanden?, Christian Drosten, Georg Mascolo

Die Corona-Pandemie hat uns alle geprägt, bewegt, zur Verzweiflung gebracht. Mich hat der Podcast von Christian Drosten durch die Pandemie...