Montag, 26. Oktober 2020

Herkunft, Saša Stanišić

Lange bevor ich dieses Buch gelesen habe, habe ich den Autor im Internet gesehen und war begeistert von seiner engagierten Art zu lesen! Ich glaube, Saša Stanišić könnte das Telefonbuch vorlesen und es wäre lustig! Seine live Lesungen sind immer binnen kürzester Zeit ausverkauft, so dass ich bisher leider noch keine hören konnte, dafür während des Lockdowns seine Benefiz-Lesungen auf Social Media, die er von Zuhause veranstaltet hat.

Ebenso sympathisch wie die Lesungen und Interviews des Wahlhamburgers kommt sein Buch rüber, für das er 2019 den Deutsche Buchpreis gewonnen hat. Darin erzählt Stanišić, was Herkunft für ihn bedeutet. Er wurde 1978 geboren in der Stadt Višegrad, damals Jugoslawien, heute Bosnien. 1992 musste er mit seiner Mutter vor dem Krieg flüchten (der Vater kam später nach) und landete in Deutschland. Inzwischen ist er Deutscher Staatsbürger und hat diverse Bücher auf Deutsch geschrieben.

„Wie man es dreht, Herkunft bleibt doch ein Konstrukt! Eine Art Kostüm, das man ewig tragen soll, nachdem es einem übergestülpt worden ist. Als solches ein Fluch! Oder, mit etwas Glück, ein Vermögen, das keinem Talent sich verdankt, aber Vorteile und Privilegien schafft.“ (S. 33)

Stanišić sagt, dass Herkunft etwas Zufälliges sei, dem aber seltsamerweise Eigenschaften zugesprochen werden. Ebenso zufällig sei es gewesen, dass er nach der Flucht ausgerechnet in Deutschland angekommen sei. Sein Erleben war es, dass sein Zuhause oft nicht dort war, wo seine Familie sich aufhielt. Diverse Verwandte, vor allem seine geliebte Großmutter Kristina, sind in Bosnien geblieben oder in anderen Ländern gelandet. Dennoch ist die Großmutter für ihn der Dreh- und Angelpunkt seiner Herkunft.

Ganz besonders an diesem Buch ist die Erzählweise. Sie ist nicht chronologisch, obwohl der Autor über seine Kindheit, seine Jugend mit der Flucht und über Teile seines Erwachsenenlebens bis heute berichtet. Er erzählt assoziativ, man könnte es auch zeitlich chaotisch nennen. Wenn man sich aber auf diesen Stil einlässt, macht am Schluss alles Sinn. Ausgangspunkt ist die Beziehung zu seiner Großmutter, die im Alter dement geworden ist. Ähnlich wie ihr Erleben in verschiedene Jahre der Vergangenheit springt, sie auf die Heimkehr ihres längst verstorbenen Mannes wartet oder meint, sie sei ein kleines Mädchen, springt Stanišić in verschiedenste Zeiten seines Lebens zurück. Er erzählt sein Leben in Anekdoten mit ungeheurer Situationskomik und Selbstironie. Dennoch wird deutlich, in welchem Land der kleine Saša geboren wurde und wie es sich verändert hat, als er nach dem Krieg zu Besuch dorthin zurückkommt. Das bosnische Lokalkolorit kommt auch nicht zu kurz. Die Berge, das Landleben, Ferkel und sogar Drachen in Berghöhlen kommen in der Erzählung vor!

Beeindruckt hat mich, wie Stanišić über das Fremdsein spricht. Er kam in Deutschland an, ohne ein Wort der Sprache zu können.

„Du stehst vor der Tür und liest: Ziehen. Das ist eine Tür. Das sind Buchstaben. Das ist Z. Das ist I. Das ist E. Das ist H. Das ist E. Das ist N. Ziehen. Willkommen an der Tür zur deutschen Sprache. Und du drückst.“ (S. 132)

Seine Eltern waren gut ausgebildet und mussten sich dennoch mit Hilfsarbeiten durchschlagen. Die Familie hatte kein Geld, lebte in Möbeln vom Sperrmüll und die Abschiebung drohte. Saša begeisterte sich für Literatur, lernte hervorragend Deutsch, begann selbst zu schreiben. Ankommen und Hierbleiben in Deutschland gelangen ihm – seine Eltern jedoch gingen nach einigen Jahren in die USA.

Dieses Buch fasziniert mich, zeigt es doch einerseits die Herkunft als Gruppenmerkmal und andererseits das individuelle Leben eines Einzelnen. Es zeigt, wie Herkunft einengen kann, aber auch was wir daraus machen können. Vor allem aber zeigt es den klugen, witzigen Saša Stanišić, dem ich noch stundenlang zuhören könnte.

Herkunft, Saša Stanišić, Luchterhand Verlag, München 2019, 366 Seiten, 22,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)

Zusatz-Info:

Inzwischen ist das Werk als Taschenbuch im btb-Verlag erschienen und kostet 12,00 EUR.

Freitag, 16. Oktober 2020

Der Schrank, Olga Tokarczuk

Dieser kleine Band von Erzählungen ist mein erster Versuch, mich der polnischen Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk zu nähern. Die studierte Psychologin beschäftigt sich in den sieben Kurzgeschichten mit inneren Welten, dem Unbewussten, den inneren Orten, an die Menschen vor der Realität fliehen oder verbannt werden.

In der Titelgeschichte „Der Schrank“ begegnen wir einem Paar, das eine neue Wohnung mit einem alten, abgegriffenen Schrank bezieht. Die Umgebung ist schmutzig und trostlos, so dass vor allem die Frau bald mehr Zeit im Schrank als außerhalb verbringt.

In „Deus Ex“ geht es um virtuelle Welten. Viele von uns lassen sich von immer realistischer animierten Computerspielen einsaugen, in denen man eigene Welten erschaffen kann. Manche dieser Welten folgen den gleichen Regeln wie die reale Welt und ersetzen diese für den Spieler. In der Geschichte jedoch kann der Spieler die Regeln dieser Welt verändern, die Zeit beschleunigen, das Perfekte schaffen und anderes mehr, so dass er sich dem Schöpfer – Gott selbst – annähern kann.

Besonders gefallen hat mir „Zimmernummern“. Ein Zimmermädchen in einem Hotel wird in ihrer Uniform fast selbst zum Gegenstand, wenn sie durch die verlassenen Zimmer zieht, um diese von den Hinterlassenschaften der Gäste zu reinigen. Dabei kann sie einiges über die ihr unbekannten Menschen erfahren, deren Seelenzustand sie sogar riechen kann.

„Die verbliebenen Reste der Persönlichkeit des abgereisten Gastes muss man mit der eigenen Unpersönlichkeit bekämpfen. Das ist der Sinn der Verwandlung. Die Reste des Spiegelbilds jenes Gesichts muss ich nicht nur mit dem Lappen vom Spiegel wischen, ich muss den Spiegel auch mit meiner rosaweißen Gesichtslosigkeit füllen. Jenen Geruch, den Hast und Fahrigkeit hinterlassen haben, muss ich durch meine Geruchlosigkeit zerstreuen.“ (aus „Zimmernummern“, S. 28)

Wir lernen ferner die seltsame Verbindung zwischen der Geburt eines vaterlosen Kindes und „Sauermehlsuppe“, einer polnischen Spezialität, kennen. Wir sehen „Peter Dieter“ bei der Rückkehr in die alte Heimat seiner Kindheit zu und erleben, wie „Ergo Sum“ langsam wahnsinnig wird, als ihn Erinnerungen einholen.

Romantisch fand ich die Geschichte „Amos“, in der eine Frau im Traum die Stimme eines Mannes in ihrem Ohr vernimmt. Sie ist überzeugt davon, dass es diesen Mann gibt, dass er genau sie meint und sie ihn unbedingt in der realen Welt finden muss. Vor allem in dieser Erzählung wird die sehr eigene Erzählstimme der Autorin deutlich:

„Hinter ihr in der Küche klirrte der Amos aus ihrem Traum mit den Gläsern, ein lebendiger, warmer, magerer Mann mit geröteten Augen, jemand, der alles weiß und alles versteht, der in die Träume der Menschen geht, dort Liebe und Unruhe sät, jemand, der die Welt handhabt, als wäre sie ein Vorhang, hinter dem sich eine andere Wahrheit verbirgt, eine ungreifbare Wahrheit, die sich nicht auf Dinge, Ereignisse oder irgendetwas Beständiges stützt.“ (S. 93/94)

Was für ein Satz! Man muss sich einlassen auf diese fremden Welten, auf diese poetische, bedeutungsschwangere Sprache. Manchmal muss man einen Absatz zweimal lesen, um ihn voll zu erfassen. Es schwingt ebenso viel Grausamkeit wie Liebe und Sehnsucht in den Geschichten, eben das ganze menschliche Spektrum. Insgesamt ist die Tönung der Geschichte aber eher melancholisch. Die Wirklichkeit hält mit den Träumen nicht Schritt, deshalb benötigt der Mensch die inneren Parallelwelten. Dazu passt besonders gut das Coverbild, das – je nach Betrachtungsweise – sowohl eine Tür nach innen als auch eine Tür nach außen darstellt. Eine optische Täuschung, die unsere Durchlässigkeit zwischen der inneren und äußeren Welt gut verkörpert.

Olga Tokarczuk komponiert außergewöhnliche Erzählungen, die als kleine Geschichten daherkommen und bei genauerem Hinsehen ein Universum an Bedeutung bergen. Beeindruckend.

Der Schrank, Olga Tokarczuk, aus dem Polnischen übersetzt von Esther Kinsky, Gatsby im Kampa Verlag, Zürich 2020, 144 Seiten, 18,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)

Dienstag, 13. Oktober 2020

Eine Nacht, Markowitz, Ayelet Gundar-Goshen

Palästina – das Land, das nach Orangen duftet, so stellt Bella es sich vor. In Europa ist die Jüdin nicht mehr sicher. Aber so einfach kann man in den 1930er Jahren nicht mehr auswandern. Da kommt es ihr zu statten, dass einige Juden von eben diesem verheißungsvollen Ort sich mit dem Schiff nach Europa aufmachen, um jüdische Frauen vor den Nazis zu retten. Unter ihnen ist Jakob Markowitz, der so unscheinbar aussieht, dass niemand einen besseren Waffenschmuggler abgeben könnte als er. Zwanzig Frauen heiraten zwanzig Männer, denen sie am Abend zuvor zum ersten Mal begegnet sind. Gleich nach der Schiffsüberfahrt will man sich in Tel Aviv wieder scheiden lassen. Doch Markowitz merkt, dass ihn im Leben noch nie eine schönere Frau als Bella angesehen hat und dies wohl auch nie wieder tun wird. Er lässt Bella nicht mehr gehen, obwohl sie ihn nicht will.

So beginnt die Geschichte über die Zeit vor der Gründung des Staates Israel. Der Holocaust wütet und lässt die Menschen im fernen Palästina nicht unbeeindruckt. Dann sind da noch die Araber, die die jüdischen Siedler in ihrer Nähe nicht haben wollen. Es kommt zum Krieg mit ihnen. Die Lebensbedingungen in Palästina sind schwierig. Der Boden muss erst urbar gemacht werden. Was wächst in diesem Land, das so ganz anders ist als die europäische Heimat?

Wir begleiten nicht nur Bella und Markowitz durch diese aufregende Zeit, sondern auch ihre Nachbarn, etwa Seev Feinberg mit seinem Schnauzbart, der stets seine Stimmung verrät und seine geliebte Frau Sonia, die so richtig vor Liebe fluchen kann. Und dann gibt es noch den Irgun-Vizechef Efraim, der mit Feinberg auf dem gleichen Schiff in die neue Heimat fuhr und nun stellvertretender Kommandeur der Nationalen Militärorganisation ist. Sie alle sind auf der Suche nach Liebe, Vergessen und einer Heimat, in der sie sich sicher fühlen können.

„Die ersehnte, unerträgliche Selbstverständlichkeit der Polen oder der Deutschen oder der Österreicher war unnachahmlich. Sogar hier, in Palästina, war sie unverwechselbar. Kam ein ausländischer Gast ins Café, erkannten ihn alle auf der Stelle. Er trank seinen Kaffee nicht irgendwie anders, putzte sich auch nicht überaus anmutig die Nase mit dem Taschentuch. Aber die Tatsache, dass er sich völlig wohl in seiner Haut fühlte, wehte ihm wie ein Banner voraus, und man sah es auch an seinen Schultern, die nur die Last des eigenen Lebenswegs, seiner eigenen Erinnerungen zu tragen hatten und keine zweitausend-Jahre-Verbannung-und-wer-weiß-was-noch-kommen-mag. (…) Dann wanderten verstohlene Blicke zu den Gästen an den Nebentischen, die selbst dann, wenn sie allein dasaßen, immer noch Ermordete der Pogrome und Opfer der Inquisition und aus Spanien Vertriebene und Aufständische gegen die Römer neben sich sitzen hatten (…).“ (S. 132)

Die israelische Autorin beschreibt jüdische Heimatlosigkeit, die Brüchigkeit jüdischer Schicksale und die Sehnsucht nach dem kleinen Glück. In den persönlichen Lebenswegen wird die Geschichte eines ganzen Volkes greifbar, das Scheitern, das Ankommen, die Hoffnung. Die Geschichte wird aus rein jüdischer Perspektive geschildert, so dass die Jagd auf Nazis und die Vertreibung der Araber als Notwendigkeiten erscheinen. Neben aller Historie erzählt Gundar-Goshen in ihrem ersten Roman die Geschichte gewöhnlicher Menschen, die sich nur geliebt fühlen wollen. Das macht sie so anrührend. Eine einzige Sache befremdet mich an der Erzählweise der Autorin: sie erscheint mir übersexualisiert. Es gibt keine Seite in diesem Buch, in der nicht geschildert wird, was Männer sich über bestimmte weibliche Körperteile denken oder dass Frauen in Lust erglühen. Ist das eine Metapher für die Notwendigkeit, jeden Tag nutzen zu müssen, als wäre es der letzte, weil die Zukunft so ungewiss ist? Das sagt man der israelischen Lebensweise bis heute nach. Meinen Lesefluss hat das etwas gestört.

Der Roman macht große Historie im Kleinen sichtbar und nimmt uns mit in das gelobte Land Palästina. Ein bewegendes Buch über die Entwurzelung europäischer Juden und ihren Neuanfang.

Eine Nacht, Markowitz, Ayelet Gundar-Goshen, aus dem Hebräischen übersetzt von Ruth Achlama, Kein & Aber Verlag, Zürich – Berlin 2013/2015, 432 Seiten, 14,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)

Mittwoch, 7. Oktober 2020

Kleines Muffelmonster ganz groß, Julia Boehme

Kennst Du ein Muffelmonster? Ich schon – mich! Aber das wollte ich jetzt gar nicht erzählen. Es gibt da nämlich noch eins, ein kleines schwarzes, struppiges. Wenn es so richtig stinkige Laune hat, dann wird es für Menschen sichtbar. Erst wenn sich seine Laune bessert, wird es langsam wieder unsichtbar und verschwindet ins Monsterland.

Für Muffelmonster-Einsteiger eignet sich dieser Band, denn er enthält gleich drei Bilderbücher in einem: „Tschüß, kleines Muffelmonster“, „Hallo, kleines Muffelmonster!“ und „Bist du müde, kleines Muffelmonster?“

In der ersten Geschichte lernt Moritz das Monster kennen. Denn er wacht davon auf, dass das Monster gegen sein Bett tritt, weil es so wütend ist. Moritz möchte dem Monster gern aus seiner schlechten Laune heraushelfen, aber das Monster ruft nur immer wieder NEIN! Dabei hat Moritz so tolle Ideen und bietet dem Monster sogar an sein Fell zu kraulen. Beinahe wäre auch Moritz traurig und muffelig geworden, aber dann überlegt das Muffelmonster es sich doch noch anders.

„Menno!“, schimpft das Monster und tritt gleich noch mal gegens Bett. Noch doller als vorher. Das war wohl etwas zu doll. „Auuuutsch!“, jault das kleine Monster und hält sich den Fuß. Auf einem Bein hüpft es durchs Zimmer, stolpert… …landet auf dem Po und sieht plötzlich ganz unglücklich aus. „Kannst du mich wirklich sehen?“, fragt es kläglich. Moritz nickt. „Pfui Spinne“, seufzt das Monster. „SOOO schlimm ist es also.“ (aus: „Tschüß, kleines Muffelmonster“, S.8/9)

Weil das Muffelmonster eigentlich ganz putzig ist, freut sich Moritz, es in der zweiten Geschichte wiederzutreffen. Diesmal ist Moritz‘ Stimmung im Keller. Er soll nämlich sein Zimmer aufräumen. Lieber verschwindet er da mit dem Muffelmonster schnell mal ins Monsterland. Nur der Rückweg von dort wird schwierig.

Besonders schlechte Laune hat das Muffelmonster bei seinem dritten Besuch. Moritz ist gerade zu Bett gegangen, da geht dem Muffelmonster auf, dass Monster nie ins Bett gebracht werden wie Moritz von seiner Mama. Und das ist sooo fies! Moritz tut sein Bestes, dem kleinen Monster ein richtiges Zu-Bett-Geh-Ritual zu bieten, aber dem Monster fällt immer wieder etwas Neues ein, warum es noch nicht einschlafen kann.

Das Muffelmonster taucht in Situationen auf, die jedes Kind kennt. Jede Mutter und jeder Vater wird das schrille NEIN! und die sonstigen Zeichen eines Wutausbruchs oder der Muffellaune kennen. Moritz und das kleine Monster finden aber immer einen Ausweg, der die schlechte Laune bald vertreibt. Besonders lustig sind die Geschichten, weil das Muffelmonster einfach hinreißend gezeichnet ist! Es ist so richtig schön struppig, als stünden ihm alle Haare vor Wut zu Berge. Es hat seltsame Gewohnheiten. Es isst Würstchen mit Vanillesoße und will eine Stinkesocke zum Kuscheln mit ins Bett nehmen. In diesen Situationen kann es auch herrlich frech lachen. Monstergesicht und -körpersprache sind zauberhaft gut getroffen. Das allein macht schon gute Laune.

An alle großen und kleinen Muffelmonster da draußen: Holt Euch Gesellschaft von diesem hinreißend muffeligen Monster! Lachen ist garantiert!

Kleines Muffelmonster ganz groß, Julia Boehme, Illustrationen von Franziska Harvey, Arena Verlag, Würzburg 2016, 88 Seiten, 12,99 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)

Montag, 5. Oktober 2020

Die Tierpolizei (1): Kommissare mit Fell und Feder, Anna Böhm

Ich bin ein großer Fan von Anna Böhms Serie „Emmi und Einschwein“. Darin kommen viele von der Autorin erdachte Fabelwesen vor. Nun hat Anna Böhm eine neue Serie begonnen – Die Tierpolizei. Es handelt sich um Tiere, die es real tatsächlich gibt. Diese können allerdings besondere Dinge, z.B. miteinander sprechen, die Menschensprache verstehen und die „Hauptkommissarin“ kann sogar lesen. Diese Fähigkeit ist allerdings auch bei Tieren eher selten.

Im ersten Band erfahren wir, wie die Tierpolizei gegründet wird. Die Katzenbärin (auch bekannt als Red Panda) Flopson lebt zusammen mit ihrem ängstlichen Freund Tjalle, einem Streifentenrek, in der Wohnung einer Frau. Eines Tages ist Tjalle verschwunden und die Wohnung verwüstet. Natürlich geht Flopson ihren Kumpel suchen. Die Welt außerhalb der Wohnung ist allerdings unbekannt und gefährlich für ein Käfigtier wie Flopson. Sie macht Bekanntschaft mit anderen Tieren, die in der Stadt leben. Als Flopson diese fragt, ob sie Tjalle gesehen haben, hört sie immer wieder einen Satz: „Stadttiere helfen sich nicht.“ Das findet Flopson doof. Nach und nach kommt eine lustige Truppe zusammen, die dann doch bereit ist, bei der Suche zu helfen: Da gibt es das kleine Falabella-Pferdchen Fridolin, den Teddyhamster Jack mit der Augenklappe und die Blaumeise Meili.

„Flopson saß mitten in der wilden, weiten Welt.

Hatte sie Angst? Nein. Kein bisschen. Wollte sie wieder in die Wohnung? Aber nein! Ließ sie sich glücklich den frischen Wind um die Nase wehen? Oh ja! Roch sie unzählige neue Gerüche? Auf jeden Fall! Wirbelten unendlich viele Geräusche an ihre Ohren? Natürlich!“ (S. 20)

Die Tierpolizei ist ein spannender Kinderkrimi mit frechen schwarz-weiß Illustrationen, die fast an Comics erinnern. Die Tiere haben sehr ausgeprägte Charaktere, z.B. ist Fridolin manchmal etwas schwer von Begriff und Jack kann ganz schön raunzig sein. Hauptkommissarin Flopson möchte Frieden und Gemeinsamkeit unter den Stadttieren herstellen und das gegenseitige Helfen einführen. Sie ist dabei besonders klug. Alle Tiere sind auf ihre Weise liebenswürdig. Man kann sich gut in sie einfühlen. Die Handlung ist flott erzählt und bis zum Schluss nicht vorhersehbar, man kann gut mitraten, was mit Tjalle geschehen ist und warum.

Ich muss zwar gestehen, dass niemand so schnell Einschwein seinen Platz in meinem Herzen streitig machen kann, aber Die Tierpolizei habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Ein zweiter Band ist bereits in Arbeit.

Ein spannender Kinderkrimi mit liebenswerten, schrulligen Tiercharakteren und frechen Bildern. Sehr zu empfehlen für Schulkinder, zum Selberlesen oder Vorlesen.

Die Tierpolizei (1): Kommissare mit Fell und Feder, Anna Böhm, Illustrationen von Ramona Wultschner, Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2020, 224 Seiten, 13,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)

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