Sonntag, 8. August 2021

Ferien im Bücherhotel

Allein verreisen in Deutschland und dabei als Bücherfreundin auf meine Kosten kommen, das war mein Ziel. Im Gutshotel Groß Breesen in Mecklenburg-Vorpommern habe ich im August 2021 ins Schwarze getroffen! Was genau ist denn ein „Bücherhotel“? Es handelt sich um einen umgebauten Gutshof in einem kleinen Dorf, etwa 15 Autominuten entfernt von Güstrow, von Hamburg aus in zwei Stunden zu erreichen.

Kurz gesagt, es gibt auf dem Gelände eigentlich nichts, was nicht mit Büchern zu tun hätte. Bereits an der Rezeption stapeln sich Bücher und sind Bücherkisten aufgestellt. Denn in diesem Hotel darf man Bücher tauschen. Es lohnt sich also, von zuhause ein paar ausgelesene Exemplare mitzubringen, die man an der Rezeption ablegen kann. Nach einer herzlichen Begrüßung findet frau ihr geräumiges Zimmer anhand der Zimmernummern, die auf Büchern neben der Tür angeschrieben sind. Erwartet keinen Luxus, die Zimmer sind einfach und gemütlich, alles da und sauber. Dafür sind bereits die Stühle mit Stoff im Buchdesign bezogen. Genügend Leselampen sind im Zimmer vorhanden.

Die besondere Attraktion ist die Bücherscheune, ein paar Schritte vom Haus entfernt. Das große Gebäude ist komplett mit Bücherregalen bestückt, die überquellen von gebrauchten Büchern. Diese sind völlig ungeordnet, so dass der Roman neben dem Kochbuch und der Reiseführer neben dem Gedichtband zu stehen kommt. Da die Regale längst voll sind und die Gäste ja ständig Nachschub liefern, stapeln sich Bücherkisten in den Gängen. Es dürften mehrere hunderttausend Bücher versammelt sein. Systematisch ein bestimmtes Buch suchen? Unmöglich! Die Scheune ist eine Schatzkammer, der sich frau eher intuitiv nähern sollte. Ich empfehle, einfach an den Regalen entlang zu schlendern, mal ganz oben und dann ganz unten die Titel zu überfliegen, mal die unterste Kiste hervorzuziehen oder in die zweite Reihe im Regal zu linsen. So werden die Schätzchen dich finden, nicht umgekehrt. Besonders interessant für mich als Hamburgerin war, dass sich in der Scheune viele DDR-Bücher finden, die ich noch nie gesehen hatte.

Findet man ein Buch von Interesse, egal ob in der Scheune oder anderswo im Haus, kann man es getrost zum Lesen mitnehmen. Dazu eignet sich besonders gut der parkartige Garten, wo es allerlei Bänke und Liegestühle gibt, die man unter einen Baum, an den Feldrand oder mitten auf die Wiese stellen kann. Bei Regen gibt es im Haus die nach Farben geordnete Bibliothek mit Sitzgelegenheiten sowie viele andere allen zugänglichen Leseorte. Reicht die Zeit nicht zum Lesen aller interessanten Exemplare, darf man diese gegen mitgebachte Bücher tauschen und mit nach Hause nehmen.

Im Untergeschoss, dem sogenannten Gewölbe, gibt es ein eigenes Restaurant, wo den ganzen Tag in liebevoller Handarbeit gekocht und gebacken wird. (Probiert den Kuchen!!) Zum Frühstück wartet ein kleiner Tisch mit meinem Namen auf mich, nebst Salzstreuer in Form einer Eule oder eines Goethekopfes. Der Frühstücksraum ist mit Buchtapeten verziert, im ganzen Haus sind Gemälde mit lesenden Menschen aufgehängt und kleine Kreaturen, die lesen, bevölkern jede Oberfläche. Überall gibt es gemütliche Sofas, Tische und andere Sitzgelegenheiten, so dass man lesen kann, wo man geht und steht.

Außer dem ganzen Inventar muss die Seele dieses Hauses erwähnt werden: Die Menschen. Conny und Torsten Brock betreiben dieses „große Zuhause“ mit viel Liebe, lesen ihren Gästen Wünsche von den Augen ab und beschäftigen Mitarbeiter:innen, die es ihnen gleichtun. Ich fühlte mich gleich zuhause und als Teil der Familie aufgenommen. Mit Großzügigkeit und Freude teilen die Brocks ihr Haus, ihre Bücher und ihre Ideen mit ihren Gästen. Bei einer Führung zeigten sie uns das angrenzende Grundstück, auf dem ein ausrangierter Eisenbahnwaggon aufgestellt wurde, der zur Nutzung als Literatursalon umgebaut wird. Ein Förderverein ist darum bemüht, das Grundstück zu gestalten. Ein Ofen zum Brotbacken soll bald hinzukommen, vielleicht ein Weidendom, eine alte Telefonzelle („aber nur für Selbstgespräche“) steht bereits, in der Tauschbücher warten.

Und dann gibt es noch „Connys Wunderland“. Von der Absperrung mit einer VIP-Kordel braucht frau sich nicht abschrecken zu lassen. Conny überlässt den Schlüssel zu ihrem Heiligtum im Untergeschoß bereitwillig auf Anfrage. In den unteren Räumen herrscht Ordnung, dort sind die Bücher säuberlich sortiert. Da gibt es die Belletristik-Bibliothek in einem Raum mit dunkler Ledercouch und einem Marmor-Schachbrett, die Märchen-Bibliothek, die ganz von Feen und anderen Zauberwesen beherrscht wird, die Ecke mit den Weihnachtsbüchern oder die Vitrinen mit Sammeltassen, Schreibfedern und Büchern, deren Geschichten in Buchhandlungen oder Bibliotheken spielen. Natürlich gibt es auch hier unzählige Nischen zum Herumlümmeln und Lesen, versteht sich.

 

Der geplagte urlaubsreife Mensch braucht das Grundstück nicht zu verlassen. Der Lesestoff kann nicht ausgehen, beköstigt wird man auf Wunsch den ganzen Tag. Aber wen es hinaus zieht, kann in der Umgebung wunderbar spazieren gehen, Rad fahren oder mit dem Auto Ausflüge nach Güstrow, zu Badeseen oder nach Schwerin, Rostock und Kühlungsborn machen.

Ich werde auf jeden Fall wiederkommen in diese wunderbare Oase für Lesefreunde.

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Ihr findet das Bücherhotel unter www.gutshotel.de .

Den Aufenthalt im Hotel habe ich selbst bezahlt. Mein Bericht erfolgt unbeauftragt und redaktionell unabhängig.

1 Kommentar:

  1. Wenn Du einmal da warst und es Dir gefallen hat, dann wirst Du immer wieder kommen. Wir fahren jetzt schon elf Jahre nach Groß Breesen und der Zauber der dort herrscht ist immer neu und schön. Wir haben dort so viele tolle Menschen schon kennenlernen dürfen und auch gute Freunde gefunden. Das Bücherhotel ist einfach ein magisches Ort.
    Wir waren in der letzten Juli dort und wollten, wieder mal, gar nicht weg.
    Das Preisleistungsverhältnis ist auch unschlagbar. Wenn Du wirklich noch mal hin fährst, dann hoffe ich, das Conny wieder ihre tollen Arrangement hat. Die sind einfach auch toll. Im übrigen sind die Nebensaison auch sehr schön. Noch mal ganz anders als im Sommer.
    LG
    Sanni

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