Die Geschichte beginnt natürlich mit dem Prolog im Himmel, bei dem der Teufel mit Gott seine Wette ausheckt. Mephisto stolpert in Gotts Büro und bringt dabei auf dem PC dessen neues „Schöpfungsprogramm“ zum Absturz. Leider macht Gott keine regelmäßigen Backups. Mithilfe eines überdimensionalen Fernrohrs wird Faust vom Himmel aus ausgesucht. Mephisto will ihn auf die schiefe Bahn bringen.
Faust ist ein chaotischer Berliner Taxifahrer, der im Suff seinen Wagen zu Schrott gefahren hat. Mit seinem Mitbewohner Wagner, einem neurotischen Rollstuhlfahrer, hat er sich verkracht, weil dieser meint, Faust habe seinen Pudel umgebracht. Total begeistert ist Faust von Margarete, der Tochter eines türkischen Ladenbesitzers in Berlin, der gerne Schreinemakers im Fernsehen gekuckt hat. Ihrer kopftuchtragenden Mutter wäre es lieber, sie hieße Özlem. Und das Rumhängen mit nichtmuslimischen Männern geht natürlich gar nicht. Margaretes Mutter und Bruder werden durch seltsame Verwicklungen um die Ecke gebracht, Allahs Telefonzentrale, in der die Gebete eingehen, wird von Mephisto gekapert und selbst Gott muss hier und da mal schummeln, ähm, die Gegenwart gestalten, um seine Wette zu gewinnen.
Comiczeichner Felix "Flix" Görmann verarbeitet das Original hinreißend komisch und doch exakt. Aus allen Details der rasanten schwarz-weiß Zeichnungen sprechen Anspielungen, so ist etwa „des Pudels Kern“ sehr lustig gemacht. Insgesamt ist der Comic modern und temporeich, zeigt dabei aber alle wichtigen Gegenstände der Goethe-Tragödie.
Wer das Original kennt, wird sich über dessen intelligente Verfremdung höllisch freuen und himmlisch lachen können. Und bei wem die Goethelektüre schon etwas länger her ist, den wird die skurrile Story zwischen Himmel und Erde auch sehr gut unterhalten. Eine der besten Graphic Novels, die ich kenne!
Faust – Der Tragödie erster Teil (Graphic Novel), Flix, Carlsen Verlag, Hamburg 2010, 96 Seiten, 14,90 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)
Zusatz-Info:
Die Graphic Novel ist beim gleichen Verlag auch als Taschenbuchausgabe erschienen und kostet 7,99 EUR.
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