Sonntag, 30. Juni 2019

Oskar und die Dame in Rosa, Eric-Emmanuel Schmitt


Oskar ist zehn Jahre alt, leidet an Leukämie und weiß, dass er bald sterben wird. Alle wissen es, aber niemand will es ihm sagen, auch seine Eltern nicht. Zum Glück gibt es Oma Rosa, eine nette Dame und ehemalige Catcherin im Krankenhaus. Oma Rosa nimmt kein Blatt vor den Mund. Mit ihr kann Oskar reden. Oma Rosa schlägt Oskar vor Briefe an Gott zu schreiben.  

„Du würdest dich nicht so einsam fühlen.“
„Nicht so einsam wegen jemandem, den es gar nicht gibt?“
„Dann sorg dafür, dass es ihn gibt.“
Sie beugte sich zu mir rüber.
„Jedesmal, wenn du an ihn glaubst, wird es ihn ein bisschen mehr geben. Und wenn du dranbleibst, wird er ganz und gar für dich da sein. Und er wird dir Gutes tun.“ (S. 20)

Oskar befolgt diesen Rat. Und Oma Rosa hat noch eine gute Idee. Sie schlägt Oskar vor, jeden Tag so zu behandeln, als wären es zehn Jahre seines Lebens. So kann Oskar in wenigen Tagen ein ganzes Leben mit vielen Phasen durchleben: die Pubertät, die Midlife-Crisis, das Alter. Oskar versteht mehr und mehr, was die wirklich wichtigen Begriffe im Leben sind, die man in keinem Lexikon nachschlagen kann: Leben, Tod, Glaube und Gott.

Dieses kurze Buch, das aus Oskars Briefen an Gott besteht, hat es in sich. In wenigen Tagen setzt sich Oskar mit dem Leben auseinander. Er spricht alles aus, spricht alles an. Und er macht Erfahrungen mit den Menschen um ihn herum. Er ist dabei durchaus heiter, meistens jedenfalls. Die Erwachsenen genieren sich weit mehr als Oskar, die wichtigen Dinge anzusprechen. Und so schafft Oskar es sogar anderen Mut zu machen.

Dieses Buch treibt einem zuerst die Tränen in die Augen, dann ein Lächeln aufs Gesicht. Wenn wir nur alle dem Leben so direkt begegnen könnten.

Oskar und die Dame in Rosa, Eric-Emmanuel Schmitt, aus dem Französischen von Annette und Paul Bäcker, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/Main 2005, 112 Seiten, 11,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)

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