Lesung „Unterwerfung“ am 12. Juni 2019
Stefan Hunstein |
Das Wort Lesung ist jedoch eine
deutliche Untertreibung dessen, was dort geboten wurde. Stefan Hunstein hatte
selbst den Text des Buches für eine Ein-Mann-Darstellung bearbeitet. Hunstein
spielt derzeit am Schauspielhaus Bochum in einer Mehrpersonen-Inszenierung
desselben Stoffes den Protagonisten Francois. Die Essenz des Romans trug
Hunstein gekonnt frei vor. Er ließ den politisch brisanten Stoff – die Wahl
eines muslimischen französischen Staatspräsidenten im Jahr 2023 – lebendig werden.
Hochschullehrer Francois wird sein Job gekündigt, nachdem die Universität Sorbonne
islamisiert wurde. Die bedrückende Atmosphäre der neuen Zustände war gestern Abend
mit Händen zu greifen. Die Zweifel und Überlegungen von Francois, die Angst vor
diesem Regime ließen die Zuhörer mitfiebern.
Ich gestehe, dass ich
Houellebecqs Roman bislang nicht gelesen habe. Mein erster Weg führte heute
jedoch in die Buchhandlung, da ich nicht nur von der Darstellung, sondern auch
von dem provokanten Stoff gefesselt wurde. Ich werde mein Versäumnis umgehend
nachholen und an dieser Stelle über den Leseeindruck berichten.
Abgerundet wurde der wunderbare
Abend durch ein fabelhaftes Catering, das im Kartenpreis inbegriffen war, von
Häppchen bis Dessert, von Wasser bis Wein war alles dabei und ließ das Publikum
auch nach der Lesung gern zum Gespräch verweilen.
Lesung „Männerspagat“ am 13. Juni 2019
Hajo Schumacher |
Schumacher berichtete (mehr als
er las) sehr kurzweilig, offen und selbstironisch über seine Experimente des
gegenseitigen Verstehens in seiner Ehe. Nachdem es zu der vielen bekannten
Beziehungsunzufriedenheit gekommen war, bei dem er sich als Familienernährer
nicht genügend wertgeschätzt und seine Frau ihre Rolle als Hausfrau und Mutter
von ihm deutlich unterbewertet fand, kam es zum zeitweiligen Rollentausch. Das
Paar besuchte Paar- und Tantra-Workshops, an deren Erfahrungen die Leser nun
teilhaben dürfen, sehr vergnüglich, zugleich aber sehr ernsthaft. So sollte
Schumacher sich nach seinen weiblichen Anteilen fragen: Wenn ich eine Frau
wäre, wie sähe ich dann aus? Und mit welcher Art Mann würde diese Frau gern
zusammen sein? Ferner tauschte das Paar die Kleidung. Schumacher gab sich
überrascht von der vielen Frischluft unter einem Kleid und der sportlichen
Anstrengung, die es bedeutet auf High Heels zu laufen. Ähnlich überrascht sei
jedoch seine Frau gewesen, als bei der (bekleidet ausgeführten) Missionarsstellung
die Rollen getauscht wurden.
Erneut habe ich einen sehr
anregenden Abend mit viel Schmunzeln erlebt. Auch hier wurde gut für das
leibliche Wohl gesorgt. Der Autor signierte auf Wunsch sein Buch und stand nach
der Lesung gern zum Gespräch bereit.
Resumée
Dieses Festival, bei dem ich auch
im vorigen Jahr schon zu Gast war, lebt von seiner intimen Atmosphäre und den
ungewöhnlichen Orten, an denen es stattfindet. Abgesehen von der wunderbaren Literatur
lohnen sich viele Veranstaltungen schon für die Lokation, die man vielfach sonst
nie von innen sehen würde. Leider ist das Festival viel zu wenigen bekannt. Ihm
wäre (trotz sehr gut besuchter Veranstaltungen) noch mehr und vor allem
jüngeres Publikum zu wünschen, denn wer nicht hingeht, verpasst eindeutig
etwas!
Das Festival dauert noch bis zum
16. Juni 2019, Restkarten gibt es unter www.kunstsalon.de.
Ich danke den Veranstaltern für den kostenlosen Eintritt zur Lesung am 13. Juni
2019. Wer es dieses Jahr nicht schafft, hat im nächsten Jahr erneut die Chance.
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