Sprachlich besonders schön ist die Erzählung "Die Sängerin Antonelli" von Goethe:
"Bei ihren bisherigen Verbindungen war ihr Geist meistenteils unbeschäftigt geblieben; auch dieser verlangte Nahrung. Sie wollte endlich einen Freund haben, und kaum hatte sie dieses Bedürfnis gefühlt, so fand sich unter denen, die sich ihr zu nähern suchten, ein junger Mann, auf den sie ihr Zutrauen warf und der es in jedem Sinne zu verdienen schien."(S. 70)Joachim Ringelnatz versteigt sich in "Die wilde Miß von Ohio" in die Katakomben der Innenschau:
"Die Einsamkeit ist die Treppe zum Gedankenkeller. Sie ist selbstverständlich wertlos für denjenigen, der unten nichts auf Lager hat."(S. 25)Die meisten Texte dieses Bandes sind nur 5-10 Seiten lang. Es gibt aber sogar "Kürzestgeschichten" von Heimito von Doderer, die mit wenigen Zeilen auskommen, aber nicht weniger lustig sind. In "Hurrah! Die Alte kriegt kein Kind!" begeistert sich der Autor, der offenbar Ambitionen zu längeren Schriften hat, wie folgt:
"Eine Wolke möglichen Lärms, die verdunkelnd über den Manuskriptblätteren meines Romanes stand, ist vorübergezogen."(S. 96)Wegen des kleinen Reclam-Formats ist dieses Buch ein idealer Begleiter für Urlaubsreisen mit leichtem Gepäck, geeignet zum Selberlesen zwischendurch oder zum vergnüglichen Vorlesen der Bonmots in der Runde. Schön!
Himmel in Blau, Sommerliche Geschichten, Hanns Frisch (Hrsg.), Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2010, 187 Seiten, 5,00 EUR
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