Mein dritter Roman des Polen Jakub Małecki ist dies. Wieder eine Familiengeschichte über drei Generationen, vom zweiten Weltkrieg bis heute. Diesmal sind es zwei Familien, deren Lebenswege sich irgendwann überschneiden.
Alles beginnt mit der deutschen Besetzung Polens. Die ursprünglichen Einwohner werden zu Zwangsarbeitern der zugezogenen Deutschen. So arbeitet auch Janek, der in einem kleinen Dorf lebt, bei Frau Eberl und ihren Töchtern, die nun in seinem Haus wohnen. Beim Rückzug der Deutschen kommt es dazu, dass Frau Eberl Janek und seine schwangere Frau Irena sowie das ungeborene Kind verflucht. Der später geborene Sohn hat Albinismus.
In der Geschichte geht es um Aberglauben und das Schlimme, das uns allen im Leben passiert. Passiert es aus einem bestimmten Grund, etwa wegen des Fluchs? Oder aufgrund des Glaubens an den Fluch? Kann man weiteres Unheil verhindern, indem man das weiße Kind mit den roten Augen aus der Gegend vertreibt? Oder hat ein Albino im Gegenteil sogar magische, heilende Kräfte?
Das Leben in der Kriegs- und Nachkriegszeit ist hart. Unglücke und Verletzungen, Krankheit und Tod sind allgegenwärtig. Aber die Geschichte geht weiter bis in die Jetztzeit. Sind wir nicht heute viel aufgeklärter, zu gebildet für Aberglauben? Die Geschichte scheint sind ständig zu wiederholen, das Pech klebt an den beiden Familien. Ist das Schicksal oder sind manche Menschen einfach böse und verursachen selbst das Leid um sie herum?
Es ist wahrlich kein Wohlfühlbuch, das Małecki da geschrieben hat, denn die Familienmitglieder können einem wirklich leidtun in ihrem Elend. Dennoch wollte ich immer wissen, wie es weitergeht. Etwas unheimlich geht es auch zu, denn manche Figuren sehen „das Verschwommene“, wie einen Fluss, den es nicht gibt. Greift da der Wahnsinn um sich?
„An dem Abend nach Wiktors Begräbnis sagte er ihr, dass die wirklich Verrückten diejenigen seien, die sich alles, was um sie herum passierte, anschauen würden und dabei normal blieben. Jeder, der ein bisschen Grips im Kopf hätte, müsste schließlich irrewerden.“ (S. 209)
Ein rätselhaftes Buch über das Leben und wie wir mit herausfordernden Umständen umgehen, über die Frage, wieviel Wahl uns selbst bleibt zwischen Gut und Böse. Nicht Małeckis stärkstes Buch, aber lesenswert.
Beben in uns, Jakub Małecki, aus dem Polnischen übersetzt von Joanna Manc, Secession Verlag, Berlin, 2023, 360 Seiten, 25,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.)
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